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/ ..und tschüss! 🌎
Gastbeitrag Lutz: die Altstadt Jerusalems
Die heiligsten Monumente der drei größten Religionen dieser Welt unter einem Dach. Oder hier passender, unter einem Iron Dome.
Unterteilt wird die Altstadt in 4 etwa gleich große Viertel. Das christliche Viertel, das jüdische Viertel, das muslimische Viertel und last but not least das armenische Viertel. Zugang erhält man über eines der vielen Tore entlang der alten Festungs- bzw Stadtmauer.
Aufgrund der Lage unseres Hostels begann unsere Reise in diese unheimlich heilige Welt durch das sogenannte Jaffa Tor, direkt im christlichen Viertel.
And here we go!
In der Altstadt angekommen, schien auf den ersten Blick alles altstädtisch normal. Ein Platz, Souvenirgeschäfte, Stände beladen mit hiesigen Snacks und jeder Menge Cola und Fantadosen.
Nach kurzer Orientierung und Absprache des ersten Ziels verschwanden wir im Getümmel der Gassen und waren nach nur wenigen Schritten Teil eines wie elektrisierten Schwarms aus Menschen, der sich in alle Richtungen durch die engen Mauern der Gassen zu bewegen scheint, aber dennoch Schritt für Schritt nach vorne kommt.
DAS must see im christlichen Viertel und somit auch unser erstes Ziel war die Grabeskirche. Eher ein Kirchenkomplex, erbaut auf dem ehemaligen Berg Golgota, dem Berg der Kreuzigung und Aufbahrung Jesu Christi.
Mit Hilfe von Google Maps und recht guter Beschilderung strandeten wir an einem Treppenabstieg, auf dem einige Menschen saßen. Eine nicht unerhebliche Masse an Menschen quetschte sich in einen doch recht unscheinbaren Eingang.
Uns war klar: entweder gibt es hier höllisch gute Falafeln oder wir haben unser erstes Ziel erreicht. Statt dem Duft von Frittiertem wurde jedoch der Geruch von Weihrauch mit jedem Schritt intensiver, sodass wir unsere Gespräche einstellten und in die Grabeskirche eintraten.
Unmittelbar nach der Türschwelle folgte der erste Moment des Staunens. Etwa 7 Menschen lagen betend auf dem Boden. Ehrfürchtig gingen wir in einem Bogen an ihnen vorbei und schnell war klar, das vor ums auf dem Boden der Salbungsstein lag - der Überlieferung nach der Stein, auf dem Jesus Leichnam gewaschen und gesalbt wurde, bevor er im Grabmal zur Aufbewahrung abgelegt wurde. Gläubige können auf ihm symbolisch Wasser oder gar Öl vergießen und natürlich beten.
Auf dem linken Auge sahen wir bereits die Menschenmasse, die sich fromm hintereinander aufstellte, um in die kleine Kapelle, in der sich das Grab Jesu befand, einzutreten. Wir orientierten uns zunächst in eine andere Richtung, begutachteten und staunten bei jedem Schritt, kamen aber nicht umhin, uns nach einigen Minuten der Schlange an Menschen anzuschließen. Mit jeder weiteren Minute des Wartens wurde uns mehr und mehr bewusst, dass wir natürlich durch Schule, Kommunions- und Konfirmationsunterricht das kleine 1x1 der christlichen Religion beherrschen. Sicher im religiösen 100er Raum bewegt sich jedoch niemand von uns.
Umso unwirklicher erschien jeder weitere Schritt in Richtung dieser maximal 8m2 großen Kapelle. Dann ging alles ganz schnell. Wir durften eintreten und standen leicht gebeugt (Max etwas mehr) vor der mutmaßlichen Kreuzesinschrift. Mehr als eine vermeidlich versteinerte Tafel im Postkartenformat mit Oxidationsspuren sahen wir leider nicht. Eine weitere kleine Öffnung und dann war es soweit, wir standen zu viert in einem kleinen Raum und sahen vor uns eine kniehohe Steinbank, auf der der Leichnam der zentralsten Figur unseres Glaubens gelegen haben soll. Auferstehung hin oder her, spürbar ist die Erhabenheit dieses Momentes und ehe man die komplexen Fügungen von Geschichte und Religion in greifbaren Fakten für sich zusammenfügen kann, oder einer von uns gar zum Glauben finden könnte, ein abruptes Ende! „Finish please“ begleitet von einem metallischen Klopfen einer Türklinke.
Nach gut einer Minute hatte das weltliche Dasein uns zurück und wir standen wieder inmitten einer mit Menschen gefüllten Kirche. Der Kleine Treppensteig zum Kreuzigungsort erschien nur noch Formsache, war aber dennoch die Stufen wert.
Zurück im Schwarm, zurück in den Gassen, die uns mittlerweile wie das Laufen auf einem Laufband vorkamen. Wir gehen weiter vorwärts, sehen aber links und rechts immer das gleiche Bild. Gott ist die eine Sache - Jesus, Kippas und andere Insignien des Glaubens wirken hingegen nicht anderes als Sonnenbrillen oder gefälschte Uhren auf Mallorca. Jesus sells best !
Eine Händlerbude nach der anderen verkauft Kreuze, Dornenkronen oder Kippas im Stile berühmter Fußballmannschaften. Lebhaftes Marketing der Händler natürlich inklusive.
Erstmal einen Kaffee. Zu diffus war das gerade erlebte.
Wie diffus die Eindrücke des Tages werden sollten war uns noch lange nicht bewusst.
Im jüdischen Viertel angekommen, unser nächstes Ziel klar vor Augen, die Klagemauer. Die größte und wichtigste Synagoge der Welt. Ein Überbleibsel der Umfassungsmauer des 2. Tempels.
So weit, so gut.
Nach einem Sicherheitscheck und einigen Treppen abwärts offenbarte sich uns der Anblick auf einen großen Platz mit jeder Menge Polizeiautos, an dessen Ende einige orthodoxe Juden an oder direkt vor der Mauer ihre Gebete sprachen.
Schade, dachte ich, denn sehr viel prunkvoller, perspektivisch nur ein paar Zentimeter über den Hüten der betenden Menschen ragt die Kuppel des Felsendoms und der Al-Quds Moschee. Und die Klagemauer, praktisch ein Teil des Tempelbergs, miteinander verbunden und doch, sogar spürbar, so weit von einander entfernt.
Ich will nicht lügen, als (theologisch &) geschichtlich interessierter Typ hat mich der Tempelberg sofort in seinen Bann gezogen. Weit über Geschichten des Tempelordens oder religiöser Streitbarkeit hinaus, ein weiterer Ort ,reich an „mystisch“ religiöser Geschichte. Ich sage nur Bundeslade. Überschattet wird die Klagemauer allerdings keineswegs.
Ähnlich wie die Grabeskirche lässt ihr Anblick uns kurze Zeit andächtig verstummen. Wir ließen den Anblick noch ein paar Minuten auf uns wirken und machten uns dann auf, durch die Tunnel unter dem Berg ins arabische Viertel.
Dort angekommen:
Same shit, different people - und nun wird es interessant!
Jesus verkauft sich offenbar auch hier ganz gut. Und zwischen Shisha rauchenden und diskutierenden Gruppen sieht man immer mehr Souvenirshops, bestückt mit Kreuzen, Rosenkränzen und Dornenkronen. Im arabischen Viertel? Die Frage nach oberflächlichen Zugehörigkeiten stellen wir uns spätestens jetzt nicht mehr und die Altstadt Jerusalems, minutiös unterteilt in Viertel der unterschiedlichen Glaubensrichtungen verschwimmt für uns zu einer Altstadt.
Der Altstadt Jerusalems eben.
Weitere Antworten auf die vielen Fragen, die uns sekündlich durch den Kopf schießen, liefert der Tempelberg an diesem Tag leider nicht. „Closed“ ist die Anweisung des mit einem Maschinengewehr bewaffneten Security Guards am Eingang des Berges.
Wir beschlossen deshalb, den Rückweg anzutreten und landeten sinngemäß wieder am Anfang, am Jaffa Tor.
Das Kontrastprogramm kennt ihr ja nun schon aus anderen Beiträgen über Jerusalem und somit bedanke ich mich bei Jana und Max für die Möglichkeit, meine Eindrücke über diesen Tag hier in ihrem Reisetagebuch mit euch zu teilen.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass die Fülle an Fragen nicht wesentlich reduziert wurde. Ich versuche erst gar nicht, all dies zu verstehen. Wie auch?
Was ich aber definitiv mitnehme, ist, dass sehr oberflächlich betrachtet, in all dem Gegensatz und der Vielfältigkeit dennoch eine latente Symbiose und ein Miteinander herrschen, die diesen Ort absolut einzigartig machen.
Zieht man hinzu, dass der Glaube und die Religion von Millionen Menschen verschiedener Herkunft hier auf engstem Raum aufeinandertreffen, gleichzeitig aber auch ihren Ursprung haben, macht es ihn sogar für uns, die wir Glauben unterschiedlich interpretieren, zu einer nachhaltig prägenden Erfahrung - und durchaus zu einen heiligen Ort. Aber entscheidet selbst.
Danke!
Die heiligsten Monumente der drei größten Religionen dieser Welt unter einem Dach. Oder hier passender, unter einem Iron Dome.
Unterteilt wird die Altstadt in 4 etwa gleich große Viertel. Das christliche Viertel, das jüdische Viertel, das muslimische Viertel und last but not least das armenische Viertel. Zugang erhält man über eines der vielen Tore entlang der alten Festungs- bzw Stadtmauer.
Aufgrund der Lage unseres Hostels begann unsere Reise in diese unheimlich heilige Welt durch das sogenannte Jaffa Tor, direkt im christlichen Viertel.
And here we go!
In der Altstadt angekommen, schien auf den ersten Blick alles altstädtisch normal. Ein Platz, Souvenirgeschäfte, Stände beladen mit hiesigen Snacks und jeder Menge Cola und Fantadosen.
Nach kurzer Orientierung und Absprache des ersten Ziels verschwanden wir im Getümmel der Gassen und waren nach nur wenigen Schritten Teil eines wie elektrisierten Schwarms aus Menschen, der sich in alle Richtungen durch die engen Mauern der Gassen zu bewegen scheint, aber dennoch Schritt für Schritt nach vorne kommt.
DAS must see im christlichen Viertel und somit auch unser erstes Ziel war die Grabeskirche. Eher ein Kirchenkomplex, erbaut auf dem ehemaligen Berg Golgota, dem Berg der Kreuzigung und Aufbahrung Jesu Christi.
Mit Hilfe von Google Maps und recht guter Beschilderung strandeten wir an einem Treppenabstieg, auf dem einige Menschen saßen. Eine nicht unerhebliche Masse an Menschen quetschte sich in einen doch recht unscheinbaren Eingang.
Uns war klar: entweder gibt es hier höllisch gute Falafeln oder wir haben unser erstes Ziel erreicht. Statt dem Duft von Frittiertem wurde jedoch der Geruch von Weihrauch mit jedem Schritt intensiver, sodass wir unsere Gespräche einstellten und in die Grabeskirche eintraten.
Unmittelbar nach der Türschwelle folgte der erste Moment des Staunens. Etwa 7 Menschen lagen betend auf dem Boden. Ehrfürchtig gingen wir in einem Bogen an ihnen vorbei und schnell war klar, das vor ums auf dem Boden der Salbungsstein lag - der Überlieferung nach der Stein, auf dem Jesus Leichnam gewaschen und gesalbt wurde, bevor er im Grabmal zur Aufbewahrung abgelegt wurde. Gläubige können auf ihm symbolisch Wasser oder gar Öl vergießen und natürlich beten.
Auf dem linken Auge sahen wir bereits die Menschenmasse, die sich fromm hintereinander aufstellte, um in die kleine Kapelle, in der sich das Grab Jesu befand, einzutreten. Wir orientierten uns zunächst in eine andere Richtung, begutachteten und staunten bei jedem Schritt, kamen aber nicht umhin, uns nach einigen Minuten der Schlange an Menschen anzuschließen. Mit jeder weiteren Minute des Wartens wurde uns mehr und mehr bewusst, dass wir natürlich durch Schule, Kommunions- und Konfirmationsunterricht das kleine 1x1 der christlichen Religion beherrschen. Sicher im religiösen 100er Raum bewegt sich jedoch niemand von uns.
Umso unwirklicher erschien jeder weitere Schritt in Richtung dieser maximal 8m2 großen Kapelle. Dann ging alles ganz schnell. Wir durften eintreten und standen leicht gebeugt (Max etwas mehr) vor der mutmaßlichen Kreuzesinschrift. Mehr als eine vermeidlich versteinerte Tafel im Postkartenformat mit Oxidationsspuren sahen wir leider nicht. Eine weitere kleine Öffnung und dann war es soweit, wir standen zu viert in einem kleinen Raum und sahen vor uns eine kniehohe Steinbank, auf der der Leichnam der zentralsten Figur unseres Glaubens gelegen haben soll. Auferstehung hin oder her, spürbar ist die Erhabenheit dieses Momentes und ehe man die komplexen Fügungen von Geschichte und Religion in greifbaren Fakten für sich zusammenfügen kann, oder einer von uns gar zum Glauben finden könnte, ein abruptes Ende! „Finish please“ begleitet von einem metallischen Klopfen einer Türklinke.
Nach gut einer Minute hatte das weltliche Dasein uns zurück und wir standen wieder inmitten einer mit Menschen gefüllten Kirche. Der Kleine Treppensteig zum Kreuzigungsort erschien nur noch Formsache, war aber dennoch die Stufen wert.
Zurück im Schwarm, zurück in den Gassen, die uns mittlerweile wie das Laufen auf einem Laufband vorkamen. Wir gehen weiter vorwärts, sehen aber links und rechts immer das gleiche Bild. Gott ist die eine Sache - Jesus, Kippas und andere Insignien des Glaubens wirken hingegen nicht anderes als Sonnenbrillen oder gefälschte Uhren auf Mallorca. Jesus sells best !
Eine Händlerbude nach der anderen verkauft Kreuze, Dornenkronen oder Kippas im Stile berühmter Fußballmannschaften. Lebhaftes Marketing der Händler natürlich inklusive.
Erstmal einen Kaffee. Zu diffus war das gerade erlebte.
Wie diffus die Eindrücke des Tages werden sollten war uns noch lange nicht bewusst.
Im jüdischen Viertel angekommen, unser nächstes Ziel klar vor Augen, die Klagemauer. Die größte und wichtigste Synagoge der Welt. Ein Überbleibsel der Umfassungsmauer des 2. Tempels.
So weit, so gut.
Nach einem Sicherheitscheck und einigen Treppen abwärts offenbarte sich uns der Anblick auf einen großen Platz mit jeder Menge Polizeiautos, an dessen Ende einige orthodoxe Juden an oder direkt vor der Mauer ihre Gebete sprachen.
Schade, dachte ich, denn sehr viel prunkvoller, perspektivisch nur ein paar Zentimeter über den Hüten der betenden Menschen ragt die Kuppel des Felsendoms und der Al-Quds Moschee. Und die Klagemauer, praktisch ein Teil des Tempelbergs, miteinander verbunden und doch, sogar spürbar, so weit von einander entfernt.
Ich will nicht lügen, als (theologisch &) geschichtlich interessierter Typ hat mich der Tempelberg sofort in seinen Bann gezogen. Weit über Geschichten des Tempelordens oder religiöser Streitbarkeit hinaus, ein weiterer Ort ,reich an „mystisch“ religiöser Geschichte. Ich sage nur Bundeslade. Überschattet wird die Klagemauer allerdings keineswegs.
Ähnlich wie die Grabeskirche lässt ihr Anblick uns kurze Zeit andächtig verstummen. Wir ließen den Anblick noch ein paar Minuten auf uns wirken und machten uns dann auf, durch die Tunnel unter dem Berg ins arabische Viertel.
Dort angekommen:
Same shit, different people - und nun wird es interessant!
Jesus verkauft sich offenbar auch hier ganz gut. Und zwischen Shisha rauchenden und diskutierenden Gruppen sieht man immer mehr Souvenirshops, bestückt mit Kreuzen, Rosenkränzen und Dornenkronen. Im arabischen Viertel? Die Frage nach oberflächlichen Zugehörigkeiten stellen wir uns spätestens jetzt nicht mehr und die Altstadt Jerusalems, minutiös unterteilt in Viertel der unterschiedlichen Glaubensrichtungen verschwimmt für uns zu einer Altstadt.
Der Altstadt Jerusalems eben.
Weitere Antworten auf die vielen Fragen, die uns sekündlich durch den Kopf schießen, liefert der Tempelberg an diesem Tag leider nicht. „Closed“ ist die Anweisung des mit einem Maschinengewehr bewaffneten Security Guards am Eingang des Berges.
Wir beschlossen deshalb, den Rückweg anzutreten und landeten sinngemäß wieder am Anfang, am Jaffa Tor.
Das Kontrastprogramm kennt ihr ja nun schon aus anderen Beiträgen über Jerusalem und somit bedanke ich mich bei Jana und Max für die Möglichkeit, meine Eindrücke über diesen Tag hier in ihrem Reisetagebuch mit euch zu teilen.
Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass die Fülle an Fragen nicht wesentlich reduziert wurde. Ich versuche erst gar nicht, all dies zu verstehen. Wie auch?
Was ich aber definitiv mitnehme, ist, dass sehr oberflächlich betrachtet, in all dem Gegensatz und der Vielfältigkeit dennoch eine latente Symbiose und ein Miteinander herrschen, die diesen Ort absolut einzigartig machen.
Zieht man hinzu, dass der Glaube und die Religion von Millionen Menschen verschiedener Herkunft hier auf engstem Raum aufeinandertreffen, gleichzeitig aber auch ihren Ursprung haben, macht es ihn sogar für uns, die wir Glauben unterschiedlich interpretieren, zu einer nachhaltig prägenden Erfahrung - und durchaus zu einen heiligen Ort. Aber entscheidet selbst.
Danke!