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Nevers

France, 04. July 2018
Saint-Honoré-les-Bains ist definitiv keine Reise wert. Ich habe selten einen deprimierenderen Ort, als dieses Kaff erlebt, dass als ehemaliger mondäner Kurort noch irgendeine Bedeutung zu haben scheint, weil er Kurgäste in die Therme treibt. Das Thermalwasser soll tatsächlich mehr drauf haben als eine Flasche Lunaqua. Aber sonst potenziere man die Abgefucktheit von Badgastein, nehme dazu die Depri-Stimmung eines Semmering und fertig ist die soup de la merde, in der die Stimmung von Saint-Honoré-les-Bains köchelt. Man bekommt an einem Dienstag Nachmittag (15:40h) NICHTS zu essen. Ich rede nicht von warmer Küche, ich habe die letzten Sommer in Kärnten das Trockentraining für Saint-Honoré absolviert und weiß, dass anständige Menschen nur zwischen 12:00 und 14;00h mittagessen. Aber selbst im entlegensten Winkel des oberen Drautals lässt sich für einen hungernden Radfahrer ein Paar Frankfurter auftreiben. Nicht so in Saint-Honoré. Was auch daran liegt, dass im Ortskern jedes Lokal an einem Dienstag Ruhetag hat. Auf der weiteren Suche nach Nahrhaftem fallen einem die vielen Häuser mit bröckelnder Fassade und geschlossenen Fensterläden auf, die Aufmerksamkeit heischend, ein „ZU VERKAUFEN!“ Schild im Vorgarten positioniert haben. Aber ein „Casino“ gibt es. Pardon, sie NENNEN es Casino. Ein muffiges Lokal beherbergt eine Armee einarmiger Banditen, um den Ischias geplagten Kurgästen nicht nur den Nerv, sondern auch den letzten Euro aus der Tasche zu ziehen. Ich war persönlich vorstellig, weil ich in meinem größer werdenden Bedürfnis nach Essen, nicht davor zurückgeschreckt hätte, drei Paar Kirschen, Melonen oder Orangen in eine Reihe zu stellen, um einen Happen Essbares zu erschleichen. Ein lächerlicher Gedanke. Nach Betreten quieken, hupen und flöten mich die Spielmaschinen nur an, ohne dass ich eines einzigen Menschen ansichtig werde. Im nun eilig aufgesuchten Quartier für diese Nacht erbarmt sich der 75-jährige Chef des Hauses, schleift sich in die Küche, sodass ich fast ein schlechtes Gewissen bekomme und haut mir ein paar Eier in die Pfanne. Die Welt ist wieder in Ordnung. Ich bekomme die Bedienungsanleitung für die Geheimoperation „Abendessen“ in Saint Honoré: „Gehen Sie früher hin, denn wenn keiner kommt, sperren die zu.“
Meine Quartiergeber in Saint-Honoré-les-Bains, die den Gesamteindruck um ein paar Prozentpunkte gehoben haben.
Der mondäne Kurort entpuppt sich als Zauberberg für Arme.
Aber dann ist alles wieder vergessen. DESWEGEN bin ich hier. Meine Route hält, was ich mir bei der Planung versprochen habe. 10km nach Saint Honoré gelange ich auf diese idyllischen Straßen neben den Kanälen und werde sie bis Nevers nicht mehr verlassen.
Erstkontakt mit der LOIRE, die mich nun bis Orléans begleiten wird.
Ich bin zeitlich wieder so gut im Plan, dass auch Zeit für Nevers bleibt. „Palais Ducal“ und die „Kathedrale von Nevers“.

Nevers

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