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Orléans

France, 07. July 2018
Wien an der Donau und Waidhofen an der Ybbs treffen einander in Sully an der Loire.
Alles hat so gut begonnen.
Strahlend blauer Himmel, angenehme Temperaturen und nur 52km bis Orléans.
Bei der Ortsausfahrt Sully-sur-Loire stolpert ein anderer Radwanderer über den Bordstein der Loire Brücke und kippt um. Ich, knapp dahinter, presse hin und frage:
„Avez -vous besoin d'aide? Can I help you?“
„No! Sänk ju. All ok. (sich abwendend) A so a Schaß!“

Das lässt mich vermuten, dass der Herr und ich dem selben Kulturkreis entsprungen sein könnten.
Wien an der Donau und Waidhofen an der Ybbs treffen spontan in Sully an der Loire aufeinander. Der Jungspund, 63 Jahre fit, hat mehr Radkilometer in den Waden als ich bereits für mein Rentenalter geplant habe. Er erzählt mir, dass er gerade noch in Andalusien war, und schnell mal nach Luxemburg möchte. Das alles im Tonfall von „ich komm grad von der Arbeit heim und fahr noch schnell einkaufen“. Wir finden ganz viele Übereinstimmungen in den Ansprüchen an unsere Touren, warum unser Bekanntenkreis uns für sonderbar hält und haben darüberhinaus noch ein Rad der selben Firma aus Vorarlberg. Ein netter Plausch wird mit den besten Wünschen für eine sorgenfreie Weiterreise nach 20 Minuten abgeschlossen. Und weitere 20 Minuten später habe ich mich in die blödeste Situation seit Langem manövriert. Irgendwo nach der Loire Brücke verliere ich den Radweg und lande auf einem Wanderweg, der, anfänglich noch bequem ausgetrampelt, eine idyllische Fahrt verspricht, bis ich wieder auf den regulären Radweg treffen soll. Weiters zeugen Reifenspuren im Boden davon, dass sich hier schon andere Radler ihren Weg gebahnt haben und locken mich in die bösartige Falle. Ich lande im tiefsten Dickicht, umrankt von Dornensträuchern und meterhohen Brennnesselstauden.
Es ist furchtbar. Einfach nur furchtbar. Es brennt, es sticht, es schmerzt. Dabei bin ich nur wenige 100 Meter von der Hauptstraße entfernt, ich höre permanent die vorbeifahrenden Autos. Aber allein, dass ich kein einziges der Autos sehen kann, zeigt, wie hier die Natur ein kerkerhaftes Séparée geschaffen hat.
Aber was ist schlimmer? Den Weg, der hinter mir liegt, wieder retour zum Ausgangspunkt oder darauf hoffen, dass sich der Urwald nach ein paar Brennnesselstauden endlich lichtet. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis das Gestrüpp den Weg auf befahrbares Terrain freigibt und mich sogleich zur Straße führt. Genau daneben grinst mir der durchgehend asphaltierte Loire Radweg hämisch entgegen.
Eine Stunde später versuche ich zu business as usual zurückzukehren. Aber das Brennen an Armen und Beinen macht den Tag nicht so schön, wie er aussieht.

Orléans

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